Originalbericht von Oberst ad Herman Rothe:
Oberst aD Hermann Rothe erinnert sich an seine erste Zeit als Panzerkommandant eines PzKpfw II im 5. Panzerregiment. ,,Kurz nach dem Einmarsch in Polen am 1. September 1939 über-nahm ich eine Gruppe eines Panzerzuges, zu der ein Panzer I und ein Panzer II gehörten. Ich selbst befehligte den Panzer II. Mir standen ein äußerst versierter Uffz. als Fahrer und ein junger Gefreiter als Funker zur Seite. Als Kommandant mußte ich sowohl die 2 cm KwK und das Maschinengewehr bedienen. Wenn ich mich rich-tig erinnere, faßten die Magazine der KwK entweder 10 oder 20 Geschosse. 18 Dieses Geschütz war ausgezeichnet, wenn es denn ordnungsgemäß funktionierte. Bei starker Staubentwicklung machte es sich lautstark bemerkbar. Dann mußte ich unter zahlreichen Verwünschungen und Flüchen den Ladevorgang prüfen! Das Maschinen-
gewehr war unsere Hauptwaffe und erwies sich als besonders nützlich bei massiven Infanterie-angriffen, zur Bekämpfung von Kavallerie, Lastkraftwagen und leichten Panzerwagen.
Noch heute läuft es mir kalt den Rücken hinunter, wenn ich an jene vollkommen überra-schende Attacke der polnischen Kavallerie-Elite denke. Die Brigade griff uns weit auseinandergezogen mit blanken Säbeln an. Wahrscheinlich war dies das letzte Mal, daß jenes klassische Manöver im Rahmen der modernen Kriegführung angewandt wurde. Unser Regimentskommandeur befahl uns, ausschließlich mit Maschinengewehren zu feuern und dabei auf die Beine der Pferde zu zielen. Die Gefangenen, die wir nach diesem Gefecht machten, berührten immer wieder ungläubig unsere Panzer. Dies versetzte uns einigermaßen in Erstaunen, bis wir den Grund dafür herausfanden: Man hatte den Leuten gesagt, die Panzer der Deutschen bestünden lediglich aus Pappe. Und daher hatten sie uns mit gezogenen Säbeln angegriffen!
Mit meinem Panzer II legte ich in weniger als drei Wochen und ohne Pause mehr als 2000km zurück. Wahrscheinlich ist dies vor allem meinem ausgezeichneten Fahrer zu verdanken. der genau wußte, wie er sich um sein Fahrzeug kümmern mußte."
Es gibt nur sehr wenige ausführliche Berichte. die sich ausschließlich auf die Kampfeinsätze des PzKpfw II beziehen. obwohl dieser die Hauptlast der Auseinandersetzungen in Frankreich 1940 trug.

Die Geschichte des 35. Panzerregiments der 4. Panzerdivision umfaßt zahlreiche Schilderungen von Gefechten während dieses Feldzuges. wie die folgende von der Einnahme von Seine-Brücken bei Romilly.

,.Wir passierten La Frere und bewegten uns bei Mont St. Pere auf die Marne zu. Der Vormarsch dauerte lange, da sich zur gleichen Zeit auch eine Infanteriedivision auf der Straße befand und es außerdem heftig regnete. Auf der anderen Flußseite war der Boden sehr morastig, und die Bedingungen verschlechterten sich zusehends. Sämtliche Panzerwagen mußten von den Panzern aus dem Schlamm gezogen werden
Am 13. Juni hatte das Regiment bei Einbruch der Dämmerung endlich übergesetzt und setzte seinen Kurs Richtung Süden fort. Unsere Nachhut folgte langsam. Wir kamen an Montmirail vorbei und fuhren weiter nach Maclaunay, wo wir auf das andere Regiment unserer Brigade trafen. Um 12.00 Uhr bezog unser Regiment allein Gefechtsstellung. Die Artillerie folgte. Ziel des Angriffs war Sesanne. Zunächst kamen wir schnell voran, doch bald leisteten feindliche Artillerie und Panzerjäger Widerstand. Unsere Artillerieaufklärer wiesen unserer Artillerie erfolgreich deren Ziele zu. Die ersten Gefangenen liefen mit erhobenen Händen an uns vorbei nach hinten. Die Panzer der 2. Abteilung erledigten fünf Panzerabwehrgeschütze. Bei Les Essarts stießen wir erstmals auf feindliche Panzer, von denen wir zwei vernichteten. Die übrigen ergriffen hastig die Flucht. Die französische Infanterie wurde nahezu ausgelöscht. Ihre Überreste zogen sich überstürzt zurück. Zum Sammeln und Neuformieren wurde ein kurzer Halt befohlen. Eine Artillerieabteilung und eine Fliegerabwehrbatterie schlossen sich uns an, und um 15.00 Uhr setzten wir unseren Vormarsch auf Sesanne fort.
Feindliche Truppen wurden nicht gesichtet. Während die 2. Abteilung die Stadt umzingelte, fuhr der Regimentsstab, gefolgt von der 1. Abteilung, geradewegs in die Stadt. Am südlichen Ende stießen wir nahe des Bahnhofs auf drei schwere Panzer des Gegners. Da uns außer unseren leichten 2cm-Kanonen keine andere Bewaffnung zur Verfügung stand, konnten wir den starken Panzerplatten nichts anhaben. Glücklicherweise ergriff der Feind bei unserem Anblick die Flucht ( wie meine Oma schon zu mir sagte: „Die Franzosen können nur rennen"). Die 2. Abteilung eröffnete das Feuer auf die sich zurückziehenden feindlichen Konvois und nahm zahlreiche Gefangene. Auf einem nahe gelegenen Flugplatz erbeuteten wir sechs intakte Flugzeuge. Wir nahmen den Bahnhof ein und hinderten sämtliche Züge an der Weiterfahrt, indem wir das Feuer unter den Dampfkesseln löschten. Anschließend übergaben wir die Stellung an das 36. Regiment und fuhren weiter nach Süden.
Überall trafen wir auf zurückweichende feindlichen Kolonnen. Wir eröffneten das Feuer und machten buchstäblich Hunderte von Gefange-nen. So nahmen die leichten Panzer allein in St. Troy 500 Mann gefangen. Allerdings leistete der Gegner teilweise Widerstand, und wir gerieten in jedem Dorf unter Beschuß. Bardonne wurde eingenommen. Es war bereits 15.30 Uhr, als unser Regiment den Befehl erhielt, bis zur Seine vorzudringen. die Brücke in Marcilly ein-zunehmen und in Romilly einen Brückenkopf zu bilden. Ab diesem Zeitpunkt kümmerten wir uns nicht mehr um irgendwelche feindlichen Kolonnen. Wir wurden zwar von ihnen beschossen, als wir sie überholten, aber wir hatten zum Teufel noch mal nur ein Ziel - die Seine! Es war her Abend, aber vor uns lag noch ein langer Weg. Marcilly trafen wir auf gegnerische Infanterietruppen, die bei unserem Angriff allerdings Waffen wegwarfen und wegliefen. Bei unsere Ankunft in Marcilly war es bereits 22.00 Uhr. Hier war die Lage völlig anders, denn wir wurden aus Häusern, von Dächern und aus Kellern massiv beschossen. Wir hörten das schwerfällige ,,tack-tack" der französischen Maschinengewehre. Unsere 7,5 cm verschaffte uns einen wissen Respekt, doch das Feuer des Gegners flackerte immer wieder auf. Die 2. Abteilung kämpfte sich unter großer Anstrengung langsam zur Brücke durch. Unmittelbar davor hatte man mehrere Barrikaden errichtet, so daß wir unter Beschuß durch Panzerjäger und Maschinengewehre gerieten. Die Lage war kritisch, denn wir konnten das gegenüberliegende Ufer nur undeutlich erkennen. Der Abteilungsadjutant, Oberleutnant Malgruth, entschloß sich, das vor uns liegende Gelände zu Fuß auszukundschaften. Dabei wurde er vom Regimentskommandanten Guderian begleitet. Ein Panzer ging in Stellung, um den beiden Feuerschutz zu gewähren. Anschließend wurden unsere Pionier- und Aufklärungszüge vorgeschickt. Sie stürmten die Häuser an der Brücke und besetzten sie, um den Feind am anderen Ufern angreifen zu können. Plötzlich rannten drei Pioniere und Leutnant Stoff über die Brücke, um diese in einem nahezu selbstmörderischen Versuch einzunehmen. Die Brücke war mit Sprengsätzen übersät, aber glücklicherweise hatte der Feind keine Zeit zu ihrer Zündung gehabt. Die Oberleutnante Malgruth und Guderian folgten den Pionieren. Guderian sprang von der Brücke geradewegs in einen fran-zösischen Schützengraben. Die Dinge standen sehr gefährlich für ihn, aber dank einer geziel-ten Handgranate entkam er unverletzt. Die Fran-zosen wurden schließlich nach kurzem, aber erbittertem Widerstand zur Aufgabe gezwungen. Oberleutnant Malgruth setzte seine Panzer, gefolgt von den übrigen Truppen, über.
Der Gegner wehrte sich nicht, so daß die Kompanie unbehelligt nach Romilly weiterfuhr. Zuerst erbeuteten wir einen nagelneuen Brückenleger, dann einen 28cm Mörser. An einer Straßensperre stießen wir allerdings mit einer feindlichen Kolonne zusammen. Wir eröffneten das Feuer und pusteten sie weg. Bald darauf erreichten wir die Stadt und nahmen zwei unbeschädigte Brücken ein. Der Gegner hatte unser Eintreffen nicht einmal bemerkt. Wir trafen auf dem Marktplatz ein. wo das Regimentskommando Stellung bezog. Eine Gruppe der 2. Abteilung und die leichte Panzergruppe des Regiments bemühten sich, die Lage in Romilly zu ordnen. Die Zahl der Gefangenen, die auf den Markt geführt wurden, wuchs zusehends. Die 5. Kompanie unter Oberleutnant Malgruth kundschaftete den Ort und die Strecke bis zum nächsten Dorf aus, wobei sie unterwegs einen weiteren feindlichen Konvoi ausschaltete.
Es war nach Mitternacht, ehe das ganze Regi-ment in Romilly eingetroffen war. Der Brückenkopf über die Seine war gesichert. Obwohl das Regiment in den vorangegangenen 36 Stunden ununterbrochen im Einsatz gewesen war. muß-ten die Panzer in Bereitschaft bleiben, um einen eventuellen Gegenangriff abzuwehren. Auf einem nahegelegenen Flugplatz hatten wir 33 Flugzeuge, darunter sieben schwere Bomber, erbeutet. Im Bahnhof wurden sämtliche Züge an der Weiterfahrt gehindert, wodurch sich die Zahl der Gefangenen weiter erhöhte. Ferienzüge wurden angehalten, und wir bereiteten den Reisen-den einen freundlichen Empfang.
Am nächsten Morgen traf Verstärkung aus unserer Division ein und löste uns ab, so daß wir endlich zu unserer wohlverdienten Pause kamen. Die 2. Kompanie eroberte am 14. Juni in Sauvage eine weitere Seine-Brücke und nahm eine große Anzahl von Gefangenen. Die 2. Abteilung rückte auf Maziere und Chatres vor, wo es zu erbitterten Kämpfen kam. Die leichten Panzergruppen sollten die 8. Kompanie unterstützen. Am Ende hatten wir Hunderte Gefangene gemacht. Gegen Mittag hatten wir unsere Befehle ausgeführt. Dieser Erfolg war vor allem der Initiative des einzelnen Soldaten zu verdanken. Plötzlich brach der Widerstand der Franzosen zusammen. Der Nachmittag verlief friedlich, und beide Abteilun-gen richteten sich in den Dörfern östlich von Romilly ein. Alle hofften auf eine ruhige Nacht ohne Zwischenfälle, selbst wenn einige von uns Bereit-schaftsdienst schieben mußten. Am 15. Juni setzten wir unseren Vormarsch in Richtung Süden fort, wobei wir aber vorher einen
Durchbruchversuch des Feindes in der Nähe von La Belle Etoile abwehren mußten. Dabei wurden einer unserer Männer getötet und zwei durch Panzerjäger verletzt.
Endlose Kolonnen französischer Soldaten zogen an uns vorbei. Viele von ihnen warfen einfach ihre Gewehre weg und fragten nach dem Weg ins Kriegsgefangenenlager. Manche blickten et-was ängstlich drein, andere grüßten uns freundlich. Viele waren betrunken. Die Zivilbevölke-rung verhielt sich ruhig, einige lächelten uns sogar zu. Wir fuhren, bis wir keinen Treibstoff mehr hatten. Das war in der Gegend von Chables. Das Auftanken sollte an einer Straßenkreuzung in der Nähe stattfinden. Plötzlich gerieten wir unter Beschuß. Leutnant von Gerdtell, Feldwebel Janneck und Feldwebel Drew fuhren in einen nahen Wald und versuchten. die Franzosen zur Aufgabe zu überreden. Bei dieser Gelegenheit wurden 40 Gefangene genommen. Bei einem zweiten MG-Angriff entkamen die Gefangenen. Die beiden Unteroffiziere wurden zwar verwundet, aber es gelang Gerdtell, seinen Panzer zu erreichen, und die zwei zu retten. Inzwischen war es 22.00 Uhr. Entschlossen stieß Oberleutnant Malgruth mit seinem Panzer II vor. Ihm folgte ein Panzer I. Mehrere Leute rieten ihm, es nicht allein mit den Franzosen aufzunehmen, aber Malgruth winkte lachend ab. Er vernichtete das feindliche MG-Nest und forderte die Franzosen auf aus ihren Verstecken zu kommen und sich zu ergeben, um weiteres Blutvergießen zu verhindern. In die-sem Moment traf ihn eine feindliche Kugel am Kopf. Er sank in die Arme von Leutnant König-stein und starb. Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile im gesamten Regiment. Er war der unermüdlichste und mutigste Offizier gewesen, und er hatte einen solchen Tod nicht verdient. Wir nahmen seinen Leichnam mit und beerdigten ihn am darauffolgenden Tag in Braux. Wir setzten unseren Vormarsch die ganze Nacht hindurch bis zur Ankunft in Nevers fort. Auf Feinde trafen wir nicht. Allerdings holten wir ein paar Gefangene aus zerschossenen Fahrzeugen und schalteten einen MG-Posten an der Stadtgrenze aus. Um 03.00 Uhr trafen wir ein und verbrachten den Rest der Nacht frierend in unseren Fahrzeugen."