Major I. B. Aird im Kampf gegen Tiger
(was sich später herausstellte, es waren Tiger von der Leibstandarte Adolf Hitler, unter der Führung von Michael Wittmann)
,,Am Nachmittag des 12.Juni1944 wurden die Cromwell-Panzer der 4. CLY im offenen Gelände nördlich von Tilly-sur-Seulles verteilt. Ein Geschwader schob Wache, die anderen rasteten nach einem heftigen Gefecht vor dem Dorf. Es war sehr heiß und verhältnismäßig ruhig. Der Oberst, Lord Cranley, war abwesend, und es gab zahlreiche Spekulationen unter den Kommandanten, mit welchen Befehlen er zurückkommen würde. Die Ungewißheit war schnell vorüber, denn er war nach kurzer Zeit zurück, sprang aus seinem Beobachtungswagen und befahl den sofortigen Aufbruch. Es begann ein langer Marsch auf einer schweren Strecke. Das Regiment sollte einen Kampf führen, bei welchem dem Überraschungsmoment eine zentrale Bedeutung beigemessen wurde. Ziel der Operation war die Gemeinde Villers-Bocage. Karten wurden markiert, Befehle erteilt. In kurzer Zeit formierten sich die Panzer, und die Männer waren froh, die unbehagliche und trostlose Gegend nördlich von Tilly verlassen zu können, obwohl sie angesichts der Gratwanderung, die dieser Vormarsch laut Karte zu werden schien, und im Hinblick auf das, was an deren Ende auf dem Spiel stand, ein leichtes Unbehagen verspürten.
Die Marschstrecke war eine enge Straße an der äußersten westlichen Flanke der britischen Streitkräfte, die parallel zu denen der Amerikaner verlief. Nach 24 holprigen und staubigen Kilometern erreichte die Spitze der Kolonne die wichtigste Querstraße von Caumont nach Caen. Rechts im Hintergrund sah man Flammen und Rauch, wo die 1. US-Infateriedivision versuehte, ihre Stellung zu halten, die sie bei ihrem schnellen Vormarsch während der letzten Tage erkämpft hatte. Auf der linken Seite hatte die 8. Hussars einen Panzer mit einer Bazooka erledigt, und der Honey an der Spitze des Regiments war von einem Panzerjäger aus Richtung Osten unter Beschuß genommen worden. Da es bereits dunkel wurde, entschloß man sich, nicht weiterzumarschieren. Das Regiment kampierte die Nacht über auf einem Feld nördlich der Kreuzung.
Der Vormarsch wurden am nächsten Morgen in aller Frühe fortgesetzt. An der Spitze stand das Geschwader ,,A", gefolgt von einigen Honeys des Aufklärungszuges und der Kompanie ,, A" der 1. Abteilung der Motorschützen-Brigade. Es schlossen sieh der Regimentsstab, die Geschwader ,,B" und ,,C" sowie die taktische Brigade an. Der Befehl lautete, so schnell wie möglich vorzudringen, da im Kreuzungsbereich kein Widerstand mehr geleistet wurde. Das Gelände war ziemlich unübersichtlich, die Straße verlief in Serpentinen durch die Berge und in einem sanften Bogen nach Osten auf Villers zu. Innerhalb weniger Stunden kam die kleine Stadt ins Blickfeld der schnell vorrückenden Vorhut. Von der Brigade kam die Information, daß sich im Ort keine Gegner aufhielten,
was die winkenden Dorfbewohner am Straßenrand zu bestätigen schienen. Daher raste das Geschwader ,,A" durch die Stadt, konnte keine Anzeichen für die Anwesenheit deutscher Truppen erkennen und erreichte sein Ziel am anderen Ende, einen Hügel, von dem aus die Straße nach Caen einsehbar war. Gewiß, vorher hatte eine Zugführer einen deutschen Panzer gesichtet, der auf einem Hügel nördlich der Stadt Stellung bezogen hatte, aber diese Meldung war von anderen bestritten worden, so daß man diesem Anzeichen keine Bedeutung beimaß. Nachdem das Geschwader ,,A" sein Ziel erreicht hatte und alles ruhig schien, überquerte der Regimentsstab den Fluß Seulles und fuhr auf den Hauptplatz der Stadt. Die Aufklärungstruppen schickten eine Patrouille entlang der Straße nach Aunay. Wahrscheinlich war bis zu diesem Zeitpunkt noch niemand tiefer ins Landesinnere vorgedrungen. Die Patrouille setze ein deutsches Fahrzeug außer Gefecht und nahm dessen Besatzung fest, darunter einen Offizier, der mitteilte, daß er einquartiert sei!

Oberst Cranley entschloß sich dann, sich mit seinem Befehlswagen beim Geschwader ,,A" und der lnfanteriekompanie über deren Vorankommen zu überzeugen. Er verließ sein Stabsquartier zusammen mit seinen Begleitern, wobei er von einem Aufklärungszug und einigen ,,Green Jakkets" Deckung erhielt. Er wies sie an , die Hauptstraße in Richtung auf den östlichen Ortsausgang zu nehmen.
Kurze Zeit schien alles ruhig, bis plötzlich ein unbeschreibliches durcheinander hereinbrach. Oben in der Straße vor ihnen standen die Honeys von Lt. Ingram und ein dutzend Halbkettenfahrzeuge der Motorschützen-Brigade in Flammen. Die Panzer des Regimentsstabes wollten in der engen Straße zurücksetzen. Dabei wurden sie von Spandau-MG aus den darüberliegenden Fenstern unter Beschuß genommen. Die Straße füllte sich mit Rauch und dem Lärm herabstürzender Dachschiefer, unterbrochen vom Donnerhall einer 88 mm-Kanone. Aus dem Rauch tauchte langsam ein deutscher Tiger auf. Major Carr, der stellvertretende Befehlshaber der Briten, feuerte seiner 75 mm-Kanone auf ihn, aber die markerschütternden und erschreckenden Schüsse durchdrangen selbst aus diesem lächerlichen Abstand die seitliche Panzerung nicht. Nahezu Handumdrehen stand sein Panzer in Flammen selbst wurde schwer verwundet. Auch die übrig Mitglieder seiner Besatzung wurden verwundet oder getötet.
Der Tiger erledigte anschließend noch Shermans der Aufklärungstruppe mit ihrer mangelhaften hölzernen Kanone, den Beobachtungswagen des Nachrichtenoffiziers und das Halbkettenfahrzeug des Sanitätsoffiziers. Die übrig drei Panzer des Regimentsstabes konnten sich verschiedene Querstraßen manövrieren, aber bald brannten sowohl der Panzer des Zugführers, als auch der des Regiment-Hauptfeldwebels. Hauptmann Dyas, Zweiter Adjutant, befehligte den verbliebenen Cromwell. Er sah den Tiger an sich vorbeifahren und heftete sich an seine Fersen, der Hoffnung, ihm von hinten beikommen können. Dieser hatte jedoch die größere Herausforderung in Form des Geschwaders ,B ausgemacht und entschloß sich zum Rückzug. So stand er Dyas wieder frontal gegenüber. An Flucht war nicht zu denken, und so wurde der letzte verbleibende Panzer ebenfalls in Brand gesetzt.
Hauptmann Dyas konnte entkommen und fand den Panzer des Regiment-Hauptfeldwebels, der zwar auch in Flammen stand, aber noch immer ein funktionstüchtiges Funkgerät hatte, dessen Mikrofon aus dem Turm hing. Dyas sprach mit Major Aird, der das Geschwader ,,B" befehlig' und teilte ihm mit, was den Truppen am östlichen Ende der Stadt widerfahren war. Da die Verbindung zwischen den Geschwadern ,,A" und ,,B" noch funktionierte, entschloß sich Major Aird, die Kontrolle zu übernehmen. Nach seiner Einschätzung mußten die deutschen Panzer von der Straße aus Richtung Evrecy dem Geschwader ,,A" gefolgt sein und nun zwischen ,,A" und dem Rest des Regiments stehen. Das Geschwader ,,A" und einige Halbkettenfahrzeuge und Panzerjäger des Motorschützen-Brigade waren also abgeschnitten. Der Oberst, der sich unter den Truppen befand entschloß sich zur Aufklärung der Strecke in Richtung Eisenbahn, um die Lage nach Möglichkeit auszukundschaften und evtl. einen Ausweg zu finden.
Nachdem Brigadekommandant Hinde mit seinem Befehlswagen eingetroffen war und befohlt hatte, die Stadt um jeden Preis zu halten, begann Major Aird mit der Organisation der Verteidigung. Einige der Truppen der ,,Queen's lnfantery" waren mit Panzerjägern angekommen. Sie wurden zusammen mit den Panzerkräften auf die zum Platz führenden Straßen verteilt. Im Süden wurde Lt. Simons. der einen Zug Honeys befehligte und dessen Panzer von einem Mörser erledigt worden war, mit seiner Patrouille zurückbeordert. Simons selbst ließ seine Verletzungen von französischen Bauern verbinden. Sie pflegten ihn so lange, bis er stark genug für die Flucht war, konnte aber bei seiner Rückkehr nicht mit großen Neuigkeiten aufwarten. Das Geschwader ,,C" blieb auf der Anhöhe östlich der Stadt.
So war die Lage am Nachmittag, als das Geschwader ,,A" von Tigern und Infanterie angegriffen wurde. Der Geschwaderkommandant, Major P.M.R. Scott und seine Offiziere waren gerade in einem Graben bei einer Beratung mit Major Wright von der Motorschützen-Brigade, als der Angriff begann. Die Tiger fegten die Straße von Villers herauf Sie erledigten unterwegs einige Cromwells. Die deutsche Infanterie griff aus ausgebauten Stellungen im Osten an. Major Scott kam nahezu sofort ums Leben, die meisten Cromwells wurden außer Gefecht gesetzt. Die Offiziere und Soldaten, die zu fliehen versuchten, wurden von der Infanterie getötet oder gefangengenommen. Zu diesem Zeitpunkt brach der Funkkontakt zu Oberst Cranley ab. Man nahm an, auch er sei gefallen oder in Gefangenschaft geraten. Als einzigem Überlebenden der Truppen von Hügel 213 gelang Hauptmann Milner von der Motorschützen-Brigade die Rückkehr im Schutze der Dunkelheit.
Die Deutschen dürften angesichts dieses Erfolges Mut geschöpft haben und bereiteten sich auf die Eroberung der Stadt vor. Während der nächsten vier Stunden entspann sich eine merkwürdige Auseinandersetzung. Es war ein Zweikampf zwischen Leutnant Cotton, der einen Zug aus drei Cromwells und einem Firefly befehligte, sowie einigen Infanteriegeschützen und Panzerjägern der Queen's auf der einen Seite und drei Tigern und einem PzKpfw IV auf der anderen. Cottons Panzer hatte eine 95 mm-Kanone, die gegen die Panzerung nicht viel ausrichten konnte. So stellte er sein Fahrzeug unter und führte das Gefecht zum großen Teil zu Fuß, indem er lediglich über Funk gelegentlich Befehle erteilte. tu Abständen gingen Wolkenbrüche nieder, und so führte er einen Schirm und eine in Benzin getränkte Decke mit, um liegen gebliebene Panzer in Brand zu stecken.
Der erste Tiger wurde von einer 6 Pfünder-Kanone erledigt, die von Cotton auf ihr Ziel gelenkt wurde. Feldwebel Bramall führte einen Zweikampf mit einem weiteren Tiger, dem er schließlich den Garaus machen konnte, indem er mit einer Sprenggranate ein Loch in eine Hauswand schlug, so daß er sein Ziel sah und ihm mit einer Panzerpatrone den Gnadenstoß gab. Feldwebel Lockwood und Unteroffizier Horne spielten mit dem letzten Tiger und dem PzKpfw IV zunächst Verstecken, ehe sie beide in Brand schossen. Die französische Feuerwehr erwies sich als zusätzlicher und überraschender ,.Gegner", denn sie konnte nur mit großer Mühe davon abgehalten werden, das Feuer in den brennenden Panzern zu löschen. Dieser kleine Sieg war zumindest eine kleine Revanche für die schweren Verluste, welche die deutschen Panzer dem britischen Regiment zugefügt hatten. Den Überlebenden gab er neuen Auftrieb.
Nach diesem Rückschlag dürften die Deutschen sich von dem Gedanken an weitere Panzerangriffe verabschiedet haben, denn ab dieser Zeit begannen sie, auf alles, was ihnen vor das Visier kam, Granaten abzufeuern. Auch die Infanterie in den Häusern sowie die Heckenschützen griffen stärker ein. Wenige Stunden vor Einbruch der Dunkelheit traf der Befehl ein, sich aus der Stadt in das Dorf Amaye-sur-Seulles knapp 4 km westlich entlang der Hauptstraße zurückzuziehen. Die taktische Brigade hatte sich bereits die meiste Zeit des Tages dort aufgehalten. Es war kein leichtes Unterfangen, da ein Teil der Straße unter Panzerjäger- und MG-Feuer lag. Die tiefer-liegenden Straßenabschnitte waren zu eng zum Wenden für einen Cromwell. Unter massivem Feuerschutz mit Nebel- und Sprenggranaten der amerikanischen 155 mm-Kanonen und der britischen 25 Pfünder-Geschütze kurz vor Einbruch der Dunkelheit wurden schließlich die Infanterie der Queen's und die beiden restlichen Geschwader befreit und bezogen Stellung im Dorf Amaye. Die Panzer der 8. Hussars hatten ebenfalls dort Stellung bezogen und nahmen etwas von dem bedrückenden Gefühl der Einsamkeit. Die Verbindungslinien L und C wurden von den 1. Royal Tanks gesichert. Glücklicherweise war die Nacht ruhig, so daß sich Major Aird und sein neuer Adjutant vollauf mit der Neuorganisation beschäftigen konnten. Das Regiment hatte seinen Hauptfeldwebel und ein komplettes Geschwader verloren: 14 Offiziere und einhundert Soldaten. Die Motorschützen-Brigade und die 5. RHA hatten ebenfalls hohe Verluste erlitten."